Definition des Erdleiters (Ground Wire)
Ein Erdleiter, auch als Ground Wire bekannt, ist ein wesentlicher Bestandteil von Blitzschutzsystemen. Er besteht aus einem oder mehreren Leitern, die über der Stromleitung installiert sind und von einer Tragkonstruktion zur nächsten verlaufen. Diese Leiter werden in regelmäßigen Abständen entlang ihrer Länge sorgfältig geerdet.
Die Hauptfunktion des Erdleiters besteht darin, direkte Blitzschläge abzufangen, die ansonsten die Phasenleiter der Stromleitung treffen würden. Indem er den Blitzstrom sicher in den Boden ableitet, schützt er die kritischen elektrischen Leiter vor potenziellen Schäden und gewährleistet so den ununterbrochenen Betrieb des Stromübertragungssystems. Es ist wichtig zu beachten, dass der Erdleiter, obwohl sehr effektiv gegen Blitze, keinen Einfluss auf die Minderung von Schaltüberspannungen hat, die durch verschiedene elektrische Phänomene im Stromnetz verursacht werden.
Wenn ein Blitzschlag in der Mitte eines Erdleiters erfolgt, werden elektrische Wellen erzeugt und in entgegengesetzte Richtungen entlang der Leitung propagiert. Diese Wellen erreichen schließlich die benachbarten Tragkonstruktionen, die so gestaltet sind, dass sie die elektrische Energie sicher in den Boden leiten können. Die Effektivität des Erdleiters hängt jedoch von einem entscheidenden Faktor ab: Der Widerstand zwischen dem Fuß der Tragkonstruktion und dem Boden muss ausreichend gering gehalten werden. Ein hoher Widerstandswert kann die effiziente Ablenkung des Blitzstroms behindern und die Fähigkeit des Erdleiters, die Stromleitung zu schützen, reduzieren, was zu elektrischen Überspannungen und Geräteschäden führen kann.

Wenn der Widerstand zwischen dem Fuß der Tragkonstruktion und dem Boden nicht gering ist und der Erdleiter oder die Tragkonstruktion von einem Blitz getroffen wird, induziert der Blitz einen extrem hohen Potentialunterschied. Dieser hohe Potentialunterschied kann eine Überbrückung vom Turm zu einem oder mehreren Phasenleitern verursachen. Dieses Phänomen wird als Rückwärtsüberschlag bezeichnet.
Rückwärtsüberschläge treten speziell dann auf, wenn das Produkt aus Turmstrom und Turmwiderstand die Isolationsstufe der Stromleitung überschreitet. Um dieses Risiko zu verringern, ist ein wirksamer Ansatz, den Widerstand am Fuße der Tragkonstruktion zu reduzieren. In Gebieten mit hoher Bodenwiderstandszahl werden häufig getriebene Stangen und Gegenmassen eingesetzt.
Eine Gegenmasse ist ein in den Boden eingebetteter Leiter, meist aus verzinktem Stahl gefertigt. Für eine Oberflächenterminal dient die Gegenmasse als spezieller Erdterminal. Ihre Rolle besteht darin, den Anstiegswiderstand der Erdverbindung zu verringern und die Kopplung zwischen Erdleiter und Leiter zu verbessern, um die Gesamtleistung des Blitzschutzes des Systems zu erhöhen.
In Stromleitungen werden zwei Haupttypen von Gegenmassen verwendet: die parallele Gegenmasse und die radiale Gegenmasse.
Parallele Gegenmasse
Die parallele Gegenmasse besteht aus einem oder mehreren unterirdisch entlang der gesamten Länge der Stromleitung verlegten Leitern. Diese Gegenmassenleiter sind an jedem Turm und Pfosten mit dem Erdleiter verbunden. Diese Konfiguration hilft, den elektrischen Strom bei einem Blitzschlag gleichmäßig zu verteilen, wodurch das Potenzial für Spannungsaufbau reduziert und die Wahrscheinlichkeit von Rückwärtsüberschlägen minimiert wird.

Radiale Gegenmasse
Die radiale Gegenmasse zeichnet sich durch eine Reihe von Leitern aus, die in radialer Ausrichtung von den Füßen der Turmbeine ausgehend verlegt werden. Die spezifische Anzahl und Länge dieser Leiter werden sorgfältig basierend auf zwei entscheidenden Faktoren bestimmt: der geografischen Lage des Turms und den vorherrschenden Bodenbedingungen. Diese Variablen spielen eine wichtige Rolle bei der Optimierung der Wirksamkeit der Gegenmasse, um den Widerstand am Fuße des Turms zu verringern und den Gesamt-Blitzschutz der Stromleitung zu verbessern.
Schirmwinkel oder Schutzwinkel
Der Schirmwinkel oder Schutzwinkel wird definiert als der Winkel zwischen der vertikalen Ausrichtung des Erdleiters und dem Phasenleiter, der geschützt werden soll. Traditionell wird dieser Winkel gemessen als der Winkel, der zwischen der senkrechten Linie, die durch den Erdleiter verläuft, und der Linie, die den Erdleiter mit dem äußersten Phasenleiter verbindet, gebildet wird. Dieser Winkel ist ein entscheidender Parameter im Design und in der Bewertung von Blitzschutzsystemen für Freileitungen, da er direkt die Fähigkeit des Erdleiters beeinflusst, Blitzschläge abzufangen und die Phasenleiter vor möglichen Schäden zu schützen.

Optimierung von Schirm- und Erdleiter-Konfigurationen
Für optimale Abschirmung gegen Blitzschläge in Freileitungen ist es entscheidend, den Schutzwinkel zu minimieren. Winkel zwischen 20° und 30° gelten als besonders effektiv und sicher, um den Phasenleitern ausreichenden Schutz zu bieten. Ingenieure vermeiden in der Regel, den Schutzwinkel über 40° zu setzen, da dies die Abschirmeffizienz signifikant reduziert und das Risiko erhöht, dass der Blitz direkt die Leiter trifft.
In modernen Hochspannungssystemen, die oft Leiter mit größerem Abstand zueinander aufweisen, ist eine Zwei-Leiter-Erdleiter-Konfiguration zum Standard geworden. Diese Konfiguration bietet besseren Schutz im Vergleich zu traditionellen Ein-Leiter-Systemen. Die Verwendung von zwei Erdleitern erhöht nicht nur die Gesamtdeckung und die Abfangfähigkeit gegenüber Blitzschlägen, sondern bietet auch mehrere elektrische Vorteile. Zum Beispiel ist der Anstiegswiderstand eines Zwei-Leiter-Erdleitersystems geringer, was eine effizientere Ablenkung von Blitzinduzierten elektrischen Überspannungen ermöglicht. Darüber hinaus erhöht die Anwesenheit von zwei Leitern die Kopplungswirkung zwischen den Erdleitern und den Phasenleitern. Diese verbesserte Kopplung hilft, elektrische Ladungen besser auszugleichen, was die Wahrscheinlichkeit von Überspannungen weiter reduziert und die Gesamtzuverlässigkeit und Robustheit der Hochspannungsübertragungsinfrastruktur verbessert.