Ausführliche Erklärung des Stromflusses und des Vor-Schlagens in Schaltgeräten
In Schaltgeräten, insbesondere in Leistungsschaltern (CB) und Lastschaltern (LBS), bezieht sich der Stromfluss beim Schließen auf den Prozess, bei dem ein elektrischer Bogen entsteht, wenn die Kontakte beginnen, sich zu schließen. Dieser Prozess beginnt nicht genau, wenn die Kontakte physisch in Kontakt kommen, sondern kann einige Millisekunden früher eintreten, aufgrund eines Phänomens, das als Vor-Schlagen bekannt ist. Im Folgenden finden Sie eine detaillierte Erklärung dieses Phänomens und seiner Auswirkungen.
Vor-Schlagen: Initiation des Bogens vor dem Kontaktaufschluss
Dielektrischer Durchschlag: Während des Schließvorgangs nähern sich die Kontakte einander an, und das isolierende Medium (wie Luft, SF6 oder Vakuum) zwischen ihnen erleidet einen dielektrischen Durchschlag. Dies tritt auf, weil das elektrische Feld in der Lücke zwischen den Kontakten zunimmt, je näher sie sich kommen. Wenn die Feldstärke die dielektrische Festigkeit des isolierenden Mediums übersteigt, bricht die Lücke zusammen, und es entsteht ein Schaltbogen.
Aufbau des elektrischen Feldes: Das elektrische Feld zwischen den Kontakten baut sich auf, während sie sich einander annähern. Dieses Feld ist proportional zur Spannung über den Kontakten und umgekehrt proportional zum Abstand zwischen ihnen. Wenn das Feld stark genug wird, führt es zur Ionisierung der Gasmoleküle in der Lücke, was zu der Bildung eines leitfähigen Pfades für den Stromfluss führt.
Bogeninitiation: Der Bogen entsteht, bevor die Kontakte tatsächlich in Kontakt kommen, typischerweise einige Millisekunden früher. Diese frühzeitige Bogeninitiation wird als Vor-Schlagen bezeichnet. Während des Vor-Schlagens bildet sich der Bogen in der kleinen Lücke zwischen den Kontakten, und der Strom beginnt, durch den Bogen zu fließen, anstatt darauf zu warten, dass die Kontakte physischen Kontakt aufnehmen.
Auswirkungen des Vor-Schlagens
Übermäßiges Schmelzen der Kontaktoberflächen: Wenn die Energie, die im Vor-Schlagen beteiligt ist, groß ist, kann dies zu einem übermäßigen Schmelzen der Kontaktoberflächen führen. Dies ist besonders problematisch bei Kurzschlussbedingungen, wo der Strom extrem hoch sein kann. Das geschmolzene Metall auf den Kontaktoberflächen kann zu einer Verweldung der Kontakte führen, bei der die beiden Oberflächen miteinander verschmelzen.
Verweldung der Kontakte: Verweldete Kontakte können verhindern, dass das Schaltgerät angemessen auf den nächsten Öffnungsbefehl reagiert. Wenn die Betriebsmechanik des Schaltgeräts nicht ausreichend Kraft bereitstellt, um die verweldeten Punkte zu trennen, kann das Gerät möglicherweise nicht ordnungsgemäß geöffnet werden, was zu potenziellen Sicherheitsrisiken und Geräteschäden führen kann.
Kurzschlusstromcharakteristika: Kurzschlusströme enthalten oft eine Gleichstromkomponente, die dazu führen kann, dass der Spitzenwert des Stroms viel höher ist als bei einem reinen Wechselstromkurzschluss. Dies erhöhte Spitzenstrom kann die Auswirkungen des Vor-Schlagens verstärken, was zu schwerwiegenderen Kontaktschäden und Verweldung führt.
Abhängigkeit der Bogen-Spannung: Die Spannung über dem Bogen (Bogenspannung) hängt stark vom Unterbrechungsmedium ab, das in den Schaltgeräten verwendet wird. Selbst bei sehr kurzen Bogenlängen können nahe den Elektroden erhebliche Spannungsabfälle auftreten. Dies liegt daran, dass der Bogenwiderstand entlang seiner Länge nicht gleichmäßig ist, und die Bereiche nahe den Elektroden tendieren zu einem höheren Widerstand aufgrund der Konzentration von Wärme und ionisierten Teilchen.
Schalten unter Kurzschlussbedingungen
Leistungsschalter (CB): Bei Leistungsschaltern ist der Schaltvorgang unter Kurzschlussbedingungen besonders herausfordernd. Die hohen Strompegel und die Anwesenheit einer Gleichstromkomponente können zu intensivem Bogenbildung und Kontaktschäden führen. Moderne Leistungsschalter sind mit fortschrittlichen Materialien und Kühlmechanismen konzipiert, um diese Effekte zu mildern, aber Vor-Schlagen bleibt ein Problem.
Lastschalter (LBS): Auch Lastschalter sind während des Schaltvorgangs unter Kurzschlussbedingungen anfällig für Vor-Schlagen, insbesondere in Hochstromanwendungen. Allerdings werden LBS-Geräte normalerweise in Niederspannungs- und Niedrigstromanwendungen eingesetzt, verglichen mit Leistungsschaltern, so dass das Risiko schwerwiegender Kontaktschäden im Allgemeinen geringer ist.
Phasen des Schaltvorgangs in Schaltgeräten
Der Schaltvorgang in Schaltgeräten kann in mehrere Phasen unterteilt werden, wie in der Abbildung dargestellt:
Phase 1: Anfangsnäherung der Kontakte: Die Kontakte beginnen, sich einander zu nähern, und das elektrische Feld zwischen ihnen beginnt, sich aufzubauen. In dieser Phase fließt noch kein Strom, aber das Potenzial für Vor-Schlagen nimmt zu.
Phase 2: Bogenbildung beim Vor-Schlagen: Als die Kontakte näher kommen, übersteigt das elektrische Feld die dielektrische Festigkeit des isolierenden Mediums, was zu einem dielektrischen Durchschlag führt. Es bildet sich ein Bogen beim Vor-Schlagen, und der Strom beginnt, durch den Bogen zu fließen, bevor die Kontakte in Kontakt kommen.
Phase 3: Kontaktaufschluss und Bogentransfer: Die Kontakte berühren sich schließlich physisch, und der Bogen überträgt sich von der Lücke zwischen den Kontakten auf die Kontaktoberflächen. Der Strom fließt weiterhin durch den nun geschlossenen Kreislauf.
Phase 4: Stationäre Betriebsphase: Nachdem die Kontakte vollständig geschlossen sind, geht das System in die stationäre Betriebsphase über, und der Strom fließt durch die geschlossenen Kontakte ohne Bogenbildung.
Minderungsstrategien
Um die Auswirkungen von Vor-Schlagen und Kontaktverweldung zu minimieren, können verschiedene Design- und Betriebsstrategien angewendet werden:
Verwendung von Isoliermedien mit hoher dielektrischer Festigkeit: Die Verwendung von Isoliermedien mit hoher dielektrischer Festigkeit, wie SF6-Gas oder Vakuum, kann die Wahrscheinlichkeit von Vor-Schlagen reduzieren, indem ein höheres elektrisches Feld erforderlich ist, um einen Durchschlag zu initiieren.
Fortschrittliche Kontaktmaterialien: Die Verwendung von Kontaktmaterialien mit hohen Schmelzpunkten und guter thermischer Leitfähigkeit kann helfen, Kontaktschäden während des Vor-Schlagens zu reduzieren. Materialien wie Kupfer-Wolfram-Legierungen werden häufig in Hochspannungsschaltgeräten verwendet.
Kühlmechanismen: Die Einbeziehung von Kühlmechanismen, wie Puffer-Systemen oder gezwungenem Gasfluss, kann dazu beitragen, Wärme vom Bogen abzuleiten und die Temperatur der Kontaktoberflächen zu senken, was das Risiko von Verweldung verringert.
Verbesserungen des mechanischen Designs: Stellen Sie sicher, dass die Betriebsmechanik ausreichend Kraft bereitstellt, um eventuell verweldete Punkte während des Öffnungsprozesses zu trennen, um zu verhindern, dass das Schaltgerät nicht ordnungsgemäß geöffnet wird.
Schutzsysteme: Die Implementierung von Schutzsystemen, wie Überstromrelais und Fehlererkennungsmechanismen, kann dazu beitragen, Kurzschlussbedingungen schneller zu erkennen und darauf zu reagieren, was die Dauer und Intensität des Bogens reduziert.
Fazit
Das Phänomen des Vor-Schlagens, bei dem der Bogen entsteht, bevor die Kontakte physisch in Kontakt kommen, ist ein kritisches Merkmal des Schaltvorgangs in Schaltgeräten. Es kann zu übermäßigen Kontaktschäden, Verweldung und potenziellem Versagen des Schaltgeräts führen. Das Verständnis der Faktoren, die zum Vor-Schlagen beitragen, wie der Aufbau des elektrischen Feldes und die Eigenschaften des isolierenden Mediums, ist entscheidend für das Design und den Betrieb zuverlässiger Schaltgeräte. Durch die Anwendung geeigneter Minderungsstrategien, wie die Verwendung von Isoliermedien mit hoher dielektrischer Festigkeit, fortschrittlichen Kontaktmaterialien und Kühlmechanismen, können die Auswirkungen des Vor-Schlagens minimiert werden, um den sicheren und zuverlässigen Betrieb von Schaltgeräten sowohl in Leistungsschaltern als auch in Lastschaltern zu gewährleisten.